Das Buch

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Die Werbehexen

In Ihrem Buch beschreibt die engagierte Mutter Karin Burger die Tricks der Werbeindustrie und erklärt Kindern, wie sie Werbung durchschauen können

Lieber Florian, liebe Lea,

mit eurer Klasse habt ihr das Buch “Die Werbehexen” gelesen und Briefe an die Werbehexen geschrieben, in denen ihr euch über die Tricks beschwert, mit denen die Werbeleute euch und andere Kinder verhexen wollen.

Und ihr habt Recht! Vieles, was Werbungtreibende machen, ist nicht in Ordnung – aber Werbung ist nicht immer etwas Schlechtes. Ich arbeite auch im Marketing und möchte Kindern Dinge oder Themen näher bringen und darum möchte ich euch ein paar Sachen aus Sicht der Werbemacher erklären – und sagen, wie ich das sehe.
(Marketing ist ein anderer, aus meiner Sicht etwas besserer Begriff als Werbung)

Werbung ist nicht schlecht und wir brauchen Werbung

Werbung ist erst einmal Information und in unserem Leben notwendig: Wie sollten wir sonst wissen, wann eine interessante Veranstaltung stattfindet, was die verschiedenen Parteien tun möchten, wenn sie bei einer Wahl gewählt werden oder auch, dass es ein neues Produkt gibt, welches besonders umweltfreundlich ist oder ob es für dein Hobby wirklich geeignet ist?

Sogar ein Professor für Grundschul-Pädagogik sagt, dass Kinder mehr umworben werden sollten – allerdings für die richtigen Dinge!

Es gibt eine Menge überflüssiger und schlechter Produkte

Gerade demonstrieren viele Jugendliche und auch Kinder – allen voran die Schwedin Greta Thunberg –  Freitags für die Zukunft. Sie wollen den Erwachsenen deutlich machen, dass es allerhöchste Zeit ist, wirklich etwas gegen den Klimawandel zu tun. Und das bedeutet für uns alle, bescheidener zu leben: kein Wirtschaftswachstum um jeden Preis, vernünftiger reisen und unterwegs sein, weniger Energie verbrauchen, bewusster (das bedeutet auch gesünder) Essen, viel weniger Kleidung, Plastikzeug, Elektronik (oder eigentlich von allem) kaufen!

Sehr oft kritisieren wir die Werbung, wenn wir eigentlich die Produkte oder das, was beworben wird, schlecht finden. Ich finde es viel schlimmer, dass die Produkte oft so schlecht sind, wie sie sind. Alle Marketingtreibenden sollten sich vor allem darum kümmern, ihre Produkte besser zu machen, bevor sie sie überhaupt bewerben.

 

Kindermarketing mit Verantwortung?

Was müssen verantwortungsvolle Marketingtreibende beachten? Was darf sein und was nicht? Welche guten Beispiele gibt es? Helfen Sie uns, einen Leitfaden zu erstellen und sagen Sie uns Ihre Meinung.

Erwachsene wissen (eigentlich) meistens, welche Produkte in Ordnung und welche schlecht sind. Ein Geländewagen ist für einen Förster okay, für eine Person in der Stadt natürlich nicht. Chips und Schokolade sind ungesund, aber trotzdem lecker. Und man fühlt sich erstmal gut, wenn man ein schickes T-Shirt kauft, obwohl man natürlich genau weiß, dass genügend im Schrank sind.

Kinder lernen erst nach und nach, welche Sachen man lieber vermeiden sollte (auch wenn sie sich mit vielen Dingen besser auskennen als Erwachsene). Werbeleute haben darum eine besondere Verantwortung, Kinder nur für Sachen zu begeistern, die auch gut für sie sind!

(Trotzdem will ich keine Welt ohne Schokolade!!! Und ihr wahrscheinlich auch nicht. Natürlich finde ich es auch okay, schicke Kleidung zu tragen und andere Länder kennen zu lernen, aber jeder kann jeden Tag etwas besser machen)

Kinder austricksen ist nicht in Ordnung!

Absolut nicht! Wenn man Werbung für Kinder macht, ist Ehrlichkeit das Allerwichtigste!

Natürlich dürfen und sollen die Werbeleute sagen, was an ihren Produkten toll ist und ich finde, sie können auch zeigen, was man damit machen kann, dass man Spaß hat und ja, vielleicht sogar, dass die Schokolade neu oder lecker ist. Aber niemals dürfen sie euch anlügen: man wird nicht cooler, weil man ein teures Handy hat oder stärker, wenn man Chips isst. Und dass man nicht wirklich Flügel bekommt, wenn man Red Bull trinkt, wisst ihr sowieso.

Die Tricks der Werbung sind manchmal nötig …

Wenn man für etwas Sinnvolles oder Gutes wirbt oder auch nur für etwas, das zumindest okay ist, muss man ein paar Werbemethoden nutzen:

– man muss aufmerksam machen (sonst guckt niemand hin), das geht eher mit tollen Bildern und guten Sprüchen als mit langweiligen Informationen.

– Informationen müssen kurz und einfach sein – wer von uns hat schon Zeit und Lust, seitenweise Texte zu lesen. Oft muss man dann aber auch Sachen weglassen

– Werbung muss nicht nur den Kopf, sondern auch die Gefühle ansprechen, wir entscheiden fast alles aus dem Bauch heraus. Dazu kann es lustig, wild, übertrieben, ironisch, traurig und manchmal vielleicht auch schockierend sein.

Comicfiguren wollen Kinder anlocken – aber damit könnt ihr sie direkt als Warnsignal erkennen!

Klar, wenn irgendwo Prinzessin Elsa, Feuerwehrmann Sam oder eine andere Comic-Figur drauf ist, weiß jeder sofort, dass hier irgendwas für Kinder ist. Manchmal gar nicht schlecht, denn vielleicht geht es da um etwas Interessantes.

Aber gleichzeitig könnt ihr Comicfiguren auch als “Warnung vor Webehexen” sehen. Immer, wenn Comicfiguren drauf sind, müsst ihr ganz besonders gut hinschauen, ob es wirklich um etwas geht, was für euch wichtig und gut ist. Bei Lebensmitteln sind sie immer überflüssig, oder?

Was noch wichtig ist: Werbung ist überall!

Jede und jeder von uns sieht und hört täglich hundert, tausend oder noch mehr Werbebotschaften. Und auch wenn die Werbeleute versuchen, dass nur bestimmte Personen (die Zielgruppe) die Werbung sehen, klappt das nicht und gerade Kinder sehen auch viel Werbung für Erwachsene – Werbung an Kinder zu verbieten, würde also kaum etwas bringen

Dabei ist Werbung (oder Marketing) wirklich überall: Eine Verpackung, ein Ladenschild, in Fernsehen, Zeitung oder Zeitschrift, als Banner oder Werbespot im Internet – aber z.B. auch oft, wenn in YouTube-Videos Produkte ausprobiert oder benutzt werden, steckt Werbung dahinter. Und sogar in Schulen und Kindergärten gibt es Werbung.

Deswegen versucht genau herauszufinden, wo es überall Werbung gibt und welche Formen Werbung hat. Wer sich auskennt, wird zwar immer noch beeinflusst, aber nicht ausgetrickst!

Gut ist es auch, wenn ihr selbst zu Werbetreibenden werdet: Was findet ihr wichtig und wofür würdet ihr werben? Wie könntet ihr möglichst viele Menschen von eurer Idee begeistern? Wo und wie könnt ihr die Menschen erreichen? Wenn ihr das einmal selbst ausprobiert, werdet ihr noch mehr zu Werbeprofis!

Und gleichzeitig versuche ich und auch viele andere, die mit Marketing und Werbung zu tun haben – genau wie Karin Burger – immer mehr Werbeleute zu überzeugen, gute Werbung für gute Dinge zu machen immer ehrlich und verantwortungsvoll zu sein – ganz besonders bei Kindern.

Viele Grüße

Carola

„Kinder brauchen Werbung, um sich in den modernen offenen Gesellschaften zurechtzufinden. Die Lebensstile,
die ihnen angeboten werden, basieren auf einem Grundhabitus des Wählens zwischen mehreren Angeboten. Auch die Veränderung von Lebensstilen braucht ‚Werbung‘ für neue Gewohnheiten, und die Demokratie basiert auf der Konkurrenz der Ideen und damit auch auf Werbung.

Werbung hilft, die Dinge mit Emotionen zu besetzen und in bestehende Wertewelten einzufügen. […]

Kinder sollten die Chance bekommen, sich über alle Bereiche des Lebens eine Meinung zu bilden. Kinder sollten als Ansprechpartner in allen Lebensbereichen ernst genommen werden: Sie werden noch von zu wenigen zu wenig umworben.“

(in: “Werbung aus allen Richtungen”)

 

Prof. Dr. Burkhard Fuhs

Universität Erfurt

Auf der Kids, Teens & Marke 2019 stellte Karin Burger ihr Buch “Die Werbehexen” vor und hielt vor den dort versammelten “Werbehexen” eine flammenden Vortrag, der sehr polarisierte.

Gleichzeitig bat sie die Werbetreibenden, den Kindern der oben erwähnten Schulklasse direkt per Brief zu antworten. Das haben wir vom KJMK natürlich in Kurzversion getan – hier jetzt noch einmal ausführlich und öffentlich!