Wie Stadtmarketing junge Zielgruppen erobern kann
Es lohnt sich, junge Einwohner:innen im Marketing der Kommunen und des öffentlichen Sektors in den Fokus zu nehmen, auch wenn man nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung hat.
Kinder und Jugendliche sind die Zukunft der Gesellschaft, dennoch werden sie als Zielgruppe im Stadtmarketing wenig beachtet. Eine gezielte Ansprache junger Menschen kann für Kommunen, Regionen und kommunale Akteure wertvoll sein.
Städte und Gemeinden sind attraktiv, wenn sie „jung“ sind, und kaum eine Region kann es sich leisten, dass junge Menschen abwandern. Gute Angebote für Familien, Schulen und Hochschulen, Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie attraktive Freizeitangebote sind die wichtigsten Grundlagen dafür, dass sich junge Menschen wohl fühlen. Aber auch Marketing und Kommunikation spielen eine große Rolle, wenn es um die Attraktivität des Wohnortes oder der Region geht.
Denn wie so oft gilt auch hier: „Tue Gutes & rede darüber“, oder anders gesagt: Machen wir jungen Menschen mit dem Stadtmarketing immer wieder deutlich, wie attraktiv ihre Heimatgemeinde oder Region ist.
Dieser Artikel ist als Gastbeitrag in Public Marketing erschienen
Public Marketing ist die Fachzeitschrift für Marketing und Kommunikation im öffentlichen Sektor.
Themen sind u.a. Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung, Tourismusmarketing, Kulturmarketing und politische Kommunikation.
10 Gründe für Kinder- und Jugendmarketing für Kommunen
Es gibt viele Gründe, warum sich Städte und Gemeinden, Regionen und öffentliche Akteure mit Kindern und Jugendlichen und ihren erwachsenen Bezugspersonen als Zielgruppe im Stadtmarketing beschäftigen sollten:
1. Kindheit und Jugend prägen das gesamte Leben
Die Welt, in die man hineingeboren wird, bleibt ein Leben lang der Referenzrahmen. In der Jugend entwickelt sich die Persönlichkeit, und das Umfeld hat darauf einen entscheidenden Einfluss. Wohlfühlen, Geborgenheit, sowie gute Angebote und Möglichkeiten sind der Grundstein für ein gelingendes Leben.
In dieser Phase definiert sich für junge Menschen Heimat.
2. Jugendkultur ist die Leitkultur der Gesellschaft
Jugend hat sich von einer Zwischenphase zur Leitkultur der Gesellschaft entwickelt, Grundschulkinder und auch Erwachsene orientieren sich in Mode, Musik und Freizeitgestaltung an den Teenagern und Young Adults. Diese haben in so vielen Bereichen die Nase vorn, beherrschen neue Technologien scheinbar mühelos, prägen Geschmack und Stil nicht nur ihrer Generation, sondern der ganzen Gesellschaft.
Wer die Jugend erreicht, erreicht die Mitte der Gesellschaft.
3. Kinder und Jugendliche beeinflussen Familie und Freunde
Kinder stehen im Mittelpunkt des Familienlebens. Vieles richtet sich nach ihren Bedürfnissen: Bei der Wahl des Wohnortes spielen Kindergärten und Schulen eine Rolle, Freizeit und Urlaub werden so gestaltet, dass Kinder sich wohlfühlen. Auch für Einzelhandel und Gastronomie sind Familien und Jugendliche beziehungsweise junge Erwachsene sehr wichtig.
Sie nehmen aktiv Einfluss auf familiäre Entscheidungen und auf die Meinungsbildung unter Gleichaltrigen.
4. Junge Menschen sind Kundschaft, Unterstützende und Mitarbeitende von morgen
Schon Kinder verfügen über Taschengeld, das sie überwiegend vor Ort ausgeben. Sie sind die Kundinnen und Kunden der Zukunft für viele Unternehmen in der Kommune und nicht zuletzt sind sie die potenziellen Mitarbeitenden in der Region.
Ein gutes Kinder- und Jugendmarketing der Kommune hilft auch, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
5. Man kann nicht nicht kommunizieren
Viele kommunale Belange betreffen Kinder, Jugendliche und Familien. Hier sollte der Grundsatz sein, Informationen frühzeitig und transparent zur Verfügung zu stellen.
Optimalerweise nicht im Amtsblatt-Stil und versteckt auf der Webseite, sondern aktiv dort, wo die Menschen unterwegs sind: in Social Media, aber auch in öffentlichen Gebäuden, Schulen, Turnhallen sowie rund um jede Interaktion mit den Behörden, ob bei Events, persönlich oder schriftlich.
6. Um Kinder bemühen, Eltern gewinnen
Geht es den Kindern gut, geht es den Eltern gut! Eltern und viele andere Erwachsene schätzen es, wenn sich Kommunen, Organisationen und Unternehmen um Kinder kümmern. Informationen, kleine Geschenke oder Feste und Events mit Kinder-Animation werden gern angenommen.
Dabei bietet sich auch die Gelegenheit, mit Eltern ins Gespräch zu kommen oder Themen rund um Kinder in den Familien zu platzieren.
7. Heimat ist den Menschen wichtig und bleibt für immer
Ein Work-and-Travel-Jahr im Ausland, ein Studium fern der Heimat oder der Berufseinstieg in einer anderen Region: Heimat bleibt!
Menschen sind ein Leben lang Botschafter:innen für ihre Heimat und viele kehren früher oder später auch gern an den Ort ihrer Kindheit und Jugend zurück.
8. Beteiligung und Innovationskraft werden gestärkt
Flexibilität, Neugier, Offenheit gegenüber anderen Kulturen und neuen Technologien sind für junge Menschen weitgehend selbstverständlich.
Kommunen, Organisationen und Unternehmen profitieren, wenn sie sich mit jungen Lebenswelten auseinandersetzen, intensive Kontakte pflegen und sich von der nächsten Generation inspirieren lassen.
9. Kommunikation ermöglicht Kooperation, Kooperation verbessert Kommunikation
Viele Einrichtungen bemühen sich, dass ihre Angebote für Familien, Kinder und Jugendliche stärker genutzt werden, um ihre Ziele zu erreichen und in die Gesellschaft hineinzuwirken.
Marketing und Kommunikation sind dafür wichtige Schlüssel, die auf lokaler Ebene besonders gut gelingen, wenn verschiedene Akteure zusammenarbeiten.
10. Kinder- und Jugendmarketing wirkt nach innen
Ein guter Außenauftritt wirkt auch nach innen. Gerade Themen, die Kinder und Jugendliche betreffen, berühren oft das Herz.
Mitarbeiter:innen identifizieren sich gern mit dem Engagement für junge Menschen und die Motivation steigt. Das sollte auch im Stadtmarketing berücksichtigt werden.
Es lohnt sich also für Städte, Gemeinden oder Regionen, im Stadtmarketing ganzheitlich zu denken und junge Menschen in den Fokus zu nehmen. Und zwar über die politische Arbeit rund um Schulen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen und als Empfänger:innen verschiedener (Dienst-)Leistungen hinaus. Sie sollten auch Zielgruppe in der Kommunikation sein.
Stadtmarketingkonzept mit zwei Ebenen
Wie aber können Städte und Gemeinden ein ganzheitliches Stadtmarketingkonzept für Kinder, Jugendliche und ihre erwachsenen Begleiter:innen entwickeln? Wie kann dies bei begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen gelingen?
Um eine ganzheitliche Ansprache junger Menschen zu entwickeln, sollten Kommunen verschiedene Akteure zusammenbringen und die Bündelung von Informationen für Kinder und Jugendliche fördern.
Gleichzeitig geht es aber auch darum, die Stadt, Gemeinde oder Region als Ganzes zu bewerben und die emotionale Verbundenheit zu stärken.
Ein guter Einstieg kann sein, dass die Kommune Kräfte bündelt, indem sie die einzelnen Akteure in der Kommunikation unterstützt, Plattformen zur Verfügung stellt und dabei hilft, Netzwerke aufzubauen und die gemeinsame Kommunikation zu stärken. Von der Grundschule bis zum Sportverein, vom Museum bis zur Beratungsstelle: Viele kleine und große Akteure möchten ihre Angebote präsentieren und Kinder und Jugendliche als Teilnehmende, Besucher:innen oder Engagierte gewinnen – oftmals haben diese Akteure jedoch wenig Marketing-Know-how und noch weniger Ressourcen, hier profitieren alle von gemeinsamer Kommunikation.
Es wirkt sich auch positiv auf die Stadt oder Gemeinde als Ganzes aus, wenn die vielen Angebote und Akteure sichtbarer werden: Es wird deutlich, was für junge Menschen geboten wird und das macht die Kommune für junge Menschen und Familien attraktiv.
Die Positionierung ist wichtig!
Darüber hinaus sollten Kommunen auch gezielt Imagewerbung bei jungen Menschen betreiben.
- Was zeichnet die Stadt oder Gemeinde aus?
- Warum ist es hier gerade für Kinder und Jugendliche lebenswert?
- Welche Möglichkeiten und Chancen gibt es für sie?
Ausgehend vom Leitbild der Stadt, aus dem Stadtentwicklungsplan, unter Einbeziehung der Wirtschaftsförderung und des Tourismusbereichs kann die Kommune den für Jugendliche relevanten Markenkern finden und eine jugendgerechte Positionierung entwickeln.
Diese Positionierung gilt es dann in allen Aktivitäten des Stadtmarketings sichtbar zu machen, zu leben und zu kommunizieren – am besten auch mit einer eigenständigen Kampagne.
Imagekommunikation und die Präsentation der vielfältigen Angebote gehen im Idealfall Hand in Hand und ergänzen sich gegenseitig. Gemeinsam können die verschiedenen Akteure eine deutlich höhere Reichweite erzielen und das Vertrauen der Familien gewinnen.
Gleichzeitig entsteht ein starkes Bild einer vielfältigen und attraktiven Kommune, das junge Menschen auf ihrem Lebensweg prägt und langfristig bindet.
Best Practice: Junge Stadt Weiz – Stadtmarketing mal anders
Die Kleinstadt in der österreichischen Steiermark stellt die Jugend in den Mittelpunkt. Auf einer Webplattform finden Jugendliche und junge Erwachsene umfassende Infos zu Sport & Freizeit sowie Bildung & Arbeitswelt, Veranstaltungen, Aktuelles und Tipps für „Neu- Weizer:innen“.
Ein klares Design mit vielen Fotos junger Weizer Bürger:innen zieht sich durch alle Maßnahmen von der Website bis zu den Plakaten.
Durch einen starken Instagram-Auftritt @jungestadtweiz (5.000 Follower bei 12.000 Einwohner:innen) ist die Junge Stadt Weiz sehr präsent und schafft es, die eigene Stadt für junge Menschen zu emotionalisieren und gleichzeitig News und Infos in die Lebenswelten der Menschen zu bringen.
Fotos: Stadt Weiz
Gleichaltrige in das Marketing einbinden
Die Kommunikation der Region oder Gemeinde sollte mehr sein als eine Linksammlung auf der städtischen Website und ein Ferienkalender: Eine kontinuierliche Präsenz in den Lebenswelten der Jugendlichen ist entscheidend.
Wichtige Medien können Social-Media-Kanäle für Jugendliche, Plakate, Informationen an oder über Schulen, Sportstätten und Einrichtungen, Aktionen bei öffentlichen Veranstaltungen, aber auch ein Blog oder ein Podcast sein.
Immer sollten auch Jugendliche und junge Erwachsene selbst zu Wort kommen können und präsent sein. Junge Menschen orientieren sich gern an Gleichaltrigen oder etwas Älteren. Bilder, Videos – Stimmen können hier sofort ein Zugehörigkeitsgefühl vermitteln und Orientierung geben.
Auch die Zusammenarbeit mit jungen Stars der Gemeinde aus Musik, Sport, Kunst und mehr sowie Influencer:innen lohnt sich, denn diese sind wertvolle Botschafter:innen nach innen und außen.
Ganz praktisch: Als erster Schritt für eine ganzheitliche Kommunikation ist es sinnvoll, öffentliche und private Akteure an einen Tisch zu holen, um Herausforderungen, Wünsche und Ideen für die Ansprache junger Menschen abzugleichen.
Daraus kann sich dann Schritt für Schritt mehr entwickeln, sodass die Gemeinde, Stadt oder Region die jungen Einwohner:innen mit ihren Angeboten und auch in ihren Herzen erreicht!
Best Practice: Der TikTok Bürgermeister
Mattias Beer aus Beratzhausen gibt als @tiktok_buergermeister seinen knapp 12.000 Followern Einblicke in die Kommunalpolitik, in die Aufgaben der Verwaltung und stellt regelmäßig auch seine Gemeinde vor.
Immer unterhaltsam, selbstironisch und authentisch erreicht er damit teilweise zehntausende Views.
Fotos: Screenshots des TikTok-Kanals @tiktok_buergermeister (24.06.2024)