Dass Kinder als Zielgruppe genauso divers sind wie Erwachsene, steht außer Frage. Sie haben unterschiedliche Interessen und Charaktere, Vergangenheiten und Erfahrungen, Ängste und Träume. Sie wachsen in verschiedenen Kulturen auf und entwickeln diverse Wertesysteme. Ihre sozialen Netzwerke sind unterschiedlich ausgeprägt, ihre Freizeit gestalten sie individuell nach Möglichkeiten, Konventionen, Lust und Laune. Es gibt Kinder die gar nicht lesen und solche, die ständig zu lesen scheinen, jegliche Texte verschlingen und ihr Gesicht stets hinter einem Buch, Comic oder Reader versteckt halten. DAS Kind gibt es genauso wenig wie DEN Erwachsenen. Zweifellos kann es also auch für Kinder unmöglich die EINE richtige Art der Ansprache geben, die alle Kinder erreicht.

Kennt man seine junge Zielgruppe ganz genau und kann sie z. B. durch Alter und Interessen näher bestimmen, ist es kein Problem, Text und Ansprache dahingehend anzupassen. Aber auch, wenn sich die genaue Zielgruppe kaum näher definieren lässt, kann man einen ansprechenden Text verfassen. In diesem Fall ist es hilfreich, sich an Eigenschaften zu orientieren, die (fast) alle Kinder gemeinsam haben.

Schreibt man für Kinder, kommt es natürlich nicht nur auf die Zielgruppe selbst an. Auch die Art des Textes (z. B. Sachtext, Geschichte, Produkt- oder Werbetext) und das Medium (z. B. Buch, Magazin, Website, Flyer) spielen eine Rolle. Genau wie der Grund bzw. die Motivation für die Ansprache der Kinder. Oder anders gesagt: Welche Botschaft man auf welchem Weg senden möchte. Unabhängig von den genannten Faktoren gibt es aber ein paar simple Tipps und Tricks, die dabei helfen, kindgerechte Texte zu verfassen:

Kurz und knackig schreiben

Wuchtige Textblöcke und zu lange Ausführungen wirken abschreckend und erinnern Kinder eher an öde Texte aus Schulbüchern. (Dies gilt natürlich nicht für Erzähltexte.) Kommt der Text nicht zum Punkt, verlieren junge Leserinnen und Leser schnell das Interesse. Den Text lieber in einzelne Portionen aufteilen und ggf. auch grafisch aufbrechen. Nicht umsonst lesen Kinder gerne die Rückseiten von Cornflakesschachteln und Comics.

Hauptsätze bilden

Auch wenn Schlangensätze elegant klingen können: Wie leicht kann man sich in einem Satz mit mehreren Nebensätzen verlieren. Auch die Klarheit des Textes leidet unter verschachtelten Sätzen. Jeder Gedanke verdient einen eigenen Satz. Mit aufgeräumten Hauptsätzen ermöglicht man außerdem einen guten Lesefluss.

Verständlich schreiben

Mein persönlicher Hassbegriff aus der Schulzeit: Endoplasmatisches Retikulum. Fremdwörter und Fachbegriffe sind Stolpersteine in Texten für Kinder. Stolpern Kinder über Wörter und Begriffe, die sie nicht kennen oder verstehen und die auch nicht erklärt werden, steigen sie erst kognitiv aus und hören dann auf zu lesen. Daher stets versuchen, Fremdwörter zu vermeiden. Falls doch mal eins auftauchen sollte, dieses mit einfachen Worten erklären. (Für Sachtexte gibt es natürlich weitere Herangehensweisen.)

Adjektive variieren

Das erzeugt farbenfrohe Bilder und sorgt für Abwechslung. Wenn immer nur alles toll und schön ist, ist das öde. Wenn es auch mal brilliant und abenteuerlich wird, bleibt es spannend.

Wortwiederholungen vermeiden

Sonst wird der Text schnell langweilig und wirkt fantasielos. Der Löwe muss nicht immer nur Löwe, sondern kann auch afrikanische Raubkatze sein, König der Tiere oder gefürchtete Jäger.

Bilder erzeugen

Für Kinder ist es besonders wichtig, dass sie sich Dinge, die erklärt oder beschrieben werden, bildhaft vorstellen können. Ein einfacher Trick ist, allgemeine Wörter zu präzisieren. So wird aus dem Baum im Park eine Kastanie im Schlossgarten, aus dem Mittagessen Bratkartoffeln mit Butterbrot und aus der Wiese die Fußsohlen kitzelndes Gras.

Alle Sinne ansprechen

Damit das Kopfkino perfekt wird, dürfen auch Geräusche, Gerüche, Geschmäcker und andere Sinneseindrücke nicht fehlen. Erst wenn der Wollpulli auf der Haut kratzt und juckt, der Hausflur wie bei Oma und Opa nach Kohl riecht, die Wellen donnernd an den Strand schlagen und der süße Karamellbonbon vor lauter Zucker am Gaumen kleben bleibt, können Leserinnen und Leser den Text fühlbar erfahren.

Vergleiche bieten

Wie riesig der Blauwal ist, kann ein Kind erst nachvollziehen, wenn es eine Größenangabe bekommt, unter der es sich etwas vorstellen kann. Ein Blauwal wiegt nicht nur 140 Tonnen, sondern auch so viel wie 36 Elefanten. Der Acker ist so groß wie 20 Fußballfelder. Das neugeborene Pandababy wiegt so viel wie eine Tafel Schokolade.

Leserinnen und Leser direkt ansprechen

Das schafft auch bei Kindern Nähe. Kinder wollen wahrgenommen und verstanden werden. Sie freuen sich, wenn Sie nach Ihrer Meinung gefragt werden.

Bezug zur Alltagswelt der Kinder herstellen

Kinder wollen ihre Welt und sich selbst in Geschichten und Texten wiederfinden. Etwas über ihre direkte Umwelt zu erfahren ist für sie spannender, als über Dinge zu lesen, mit denen sie im Alltag keine Berührungspunkte haben. Herauszufinden, wie sie sich selbst in ihrer Umgebung definieren, welche Rollen sie in dieser Welt einnehmen können und möchten, ist für Kinder besonders faszinierend.

 

Autorin

Laura Allenfort ist freie Redakteurin und Lektorin mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendkommunikation.
Mehr Infos zu ihrer Arbeit gibt es auf www.laura-allenfort.com